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Ehevertrag in der Ehekrise.

Zu spät für einen Ehevertrag?

Fall
Kürzlich kam ein Mandant zur Erstberatung. Er berichtete mir, dass er seit 15 Jahren verheiratet ist. Leider hat es kürzlich so sehr gekracht, dass seine Frau und er schon in Erwägung gezogen haben, sich zu trennen. Insbesondere wegen der gemeinsamen Kinder soll aber noch einmal versucht werden, die Beziehung zu retten. Ob dies gelingt, ist allerdings noch offen. Sollte es zur Trennung kommen, wollen die Eheleute auf jeden Fall vermeiden, sich über Jahre zu streiten.

Einen Ehevertrag haben die beiden bisher nicht geschlossen. Bei ihrer Heirat haben sie überhaupt nicht darüber nachgedacht. Damals waren sie „frisch verliebt“ und hielten eine Trennung für unmöglich. Jetzt, in der Krise, ist es ihnen aber bewusst geworden, dass auch sie als Paar eine Trennung nicht ausschließen können. Ihre Lebenswege waren in den letzten 15 Jahren sehr unterschiedlich. Für den unerwünschten, aber möglichen Fall einer Trennung, wollen sie jetzt doch vorsorgen und einen Ehevertrag schließen.

Besonders wichtig ist ihnen, festzulegen, zu welchen Konditionen einer von beiden im Trennungsfall die gemeinsame Immobilie übernehmen darf. Auch die Frage nach Höhe und Dauer des Ehegattenunterhalts soll geklärt werden. Sie haben im Freundeskreis einen Fall erlebt, bei dem die Eheleute über Jahre vor Gericht gestritten haben. Dieser Streit hatte nicht nur beide Freunde völlig zermürbt, sondern auch die gemeinsamen Kinder schwer belastet und in einen Loyalitätskonflikt gebracht. Eine solche Entwicklung will man auf jeden Fall vermeiden.

Im Moment sind sie sich grundsätzlich einig. Allerdings befürchten sie, dass sich dies ändern könnte, wenn es zur endgültigen Trennung kommt. Insbesondere wenn einer von ihnen eine neue Beziehung eingeht, könnten rationale Erwägungen keine Rolle mehr spielen und Emotionalität und Verletztheit würden die Oberhand gewinnen. Die Frage des Paares war also, ob es möglich und sinnvoll ist, in dieser Situation noch einen Ehevertrag zu schließen und ob der Vertrag gegebenenfalls vor Gericht angreifbar wäre.

Klare Antwort von mir: Ein Ehevertrag kann nicht nur vor der Heirat, sondern auch während der Ehe jederzeit geschlossen werden. Selbst wenn das endgültige Scheitern der Ehe schon feststeht, ist der Ehevertrag noch möglich und sinnvoll. In dieser Situation wird der Ehevertrag dann meist als Trennungsvereinbarung oder Scheidungsfolgenvereinbarung bezeichnet.

Ich bestärkte meinen Mandanten in der Idee, vor dem Hintergrund der Ehekrise die rechtlichen Folgen einer Trennung und Scheidung möglichst eigenverantwortlich zu regeln. Das sollte nicht den Gerichten überlassen werden. Im Vertrag kann man nicht nur Unterhaltsregelungen vorsorglich treffen. Auch dem Wunsch, festzulegen, wer im Trennungsfall zu welchen Konditionen die gemeinsame Immobilie übernehmen darf, kann entsprochen werden. Häufig wird übersehen, dass die Übernahme der Immobilie Auswirkungen auf die Höhe des Unterhalts hat. Diese oft unerwünschten unterhaltsrechtlichen Konsequenzen können und sollten durch vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden.

Der Mandant beauftragte mich, mit der inhaltlichen Gestaltung eines ausgewogenen Ehevertrages. Den von mir gestalteten Vertragsentwurf ließ seine Ehefrau von ihrem Rechtsanwalt prüfen. Danach wurde der Vertrag beim Notar beurkundet. Jetzt arbeitet das Paar daran, zusammenbleiben und sich nicht zu trennen. Als gesunde Grundlage haben sie die Sicherheit einer klaren vertraglichen Regelung, die ihnen die Angst vor der Zukunft nimmt. Sollte die Ehe scheitern, muss das Familiengericht nur noch die Scheidung aussprechen und den Versorgungsausgleich durchführen. Alle sonstigen Scheidungsfolgen haben die Eheleute bereits im Ehevertrag verbindlich geregelt.